AK fordert Pflegegarantie für alle

Die Corona-Pandemie hat die vielen Schwächen in der Pflege sichtbar gemacht. 800.000 Menschen in Österreich pflegen oder unterstützen Angehörige. Jede/-r zehnte Österreicher/-in kümmert sich also um pflegedürftige Familienmitglieder. Die Pflege daheim in den eigenen vier Wänden steht aber auf wackeligen Beinen, denn es fehlt im Regelfall an schnell verfügbarem Ersatz, wenn der/die pflegende Angehörige verhindert ist – bei Krankheit, notwendiger Kinderbetreuung oder Berufstätigkeit. Jede/-r zweite Angehörige empfindet seine Verantwortung als belastend. Nach Ansicht der AK muss rasch geholfen werden. „Wir brauchen endlich eine öffentliche Pflegegarantie für alle“, fordert AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer.

Die Abschaffung des Pflegeregresses und die automatische jährliche Valorisierung des Pflegegeldes seit heuer sind erfreuliche Fortschritte. „Diese Maßnahmen reichen aber bei weitem nicht aus, um die Angehörigen tatsächlich zu entlasten“, so Kalliauer. Es braucht rasche und konkrete Lösungen, denn der Pflegebedarf wird immer größer: Bezogen Ende 2019 noch 466.360 Personen Pflegegeld, so wird die Zahl bis 2025 laut WIFO auf mehr als 500.000 und bis 2050 sogar auf rund 750.000 steigen. Sowohl die vorige als auch die jetzige Bundesregierung haben eine Pflegereform angekündigt. Bisher gibt es dazu aber keine Ergebnisse. „Seit drei Jahren werden Pflegebedürftige und Angehörige hingehalten“, ist der AK-Präsident empört.

42 Prozent ohne professionelle Pflegeversorgung

Für den Großteil der Pflegebedürftigen ist keine professionelle Betreuung vorhanden: Ende 2018 gab es in Oberösterreich 69.898 Pflegegeldbezieher/-innen. Davon wurden 18.090 Personen (26 Prozent) in Alten- und Pflegeheimen (inkl. Kurzzeitpflege und betreutes Wohnen) rund um die Uhr betreut und gepflegt, 22.650 (32 Prozent) waren zuhause und konnten professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, aber 29.158 (42 Prozent) wurden zuhause ohne professionelle Unterstützung gepflegt. Das heißt: Die größte Gruppe der Pflegegeldbezieher/-innen kann professionelle Betreuung nicht in Anspruch nehmen, weil entweder das Angebot nicht vorhanden ist oder das vorhandene Angebot nicht leistbar ist. Das setzt pflegende Angehörige zusätzlich unter Druck!

Versorgungsgrad in der Pflege sinkt

Oberösterreich hat bei der professionellen Pflegeversorgung einen massiven Nachholbedarf, denn die Versorgungsgrade (die Leistungsstunden bei den Mobilen Diensten sowie die Heimplätze) gehen gravierend zurück: Standen 2013 für die oberösterreichische Bevölkerung im Alter von 75 Jahren und darüber noch 110,4 Heimplätze pro 1000 Einwohner/-innen (inkl. Tagesbetreuung) zur Verfügung, so machte dieser Wert im Jahre 2018 nurmehr 97,7 Plätze aus – ein Rückgang um zwölf Prozent! Ähnlich verhält es sich bei den mobilen Diensten. 2013 betrugen die Leistungsstunden für die Menschen ab 75 in Oberösterreich noch 14,3 pro Person. 2018 ist dieser Wert auf 12,6 Stunden im Jahr gesunken – ein Minus von 13,5 Prozent! Der Wegfall des Pflegeregresses bringt aber eine zusätzliche Nachfrage bis 2025 von 1.494 Heimplätzen mit sich. Geplant oder gebaut werden aber lediglich 463 Langzeitpflegeplätze.

Österreich bei Pflegeausgaben nur im Mittelfeld

Wieviel ein Staat bereit ist, für professionelle Pflege auszugeben, zeigt der jeweilige Anteil dafür am Bruttoinlandprodukts (BIP). Laut OECD liegt Österreich hier mit 1,5 Prozent im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld, klar hinter Staaten, die beinahe das Doppelte in Pflege investieren wie Norwegen (2,9), Schweden (2,8) oder die Niederlande (2,6 Prozent). 

Altern in Würde wie im Vorzeigemodell Schweden

Hauptverantwortung für die Pflege übernimmt in Schweden die Gemeinschaft und nicht die betroffenen Personen und ihre Familien. In Schweden besteht ein Anspruch auf öffentliche Dienste und Unterstützung im Alltag. Die kommunalen Behörden erheben den Bedarf und danach wird das geeignete Pflegeangebot zur Verfügung gestellt. 96,4 Prozent der Pflegeleistungen in Schweden sind Sachleistungen, bestehend aus stationären, teilstationären, ambulanten und mobilen Diensten. Laut OECD entfallen dort auf 1.000 Einwohner/-innen (65 Jahre und älter) 70,3 Langzeitpflege-Betten, während in Österreich nur 46,4 zur Verfügung stehen. Auch Hauskrankenpflege, Wohnraumanpassungen, Hausnotruf und Fahrtendienste werden von öffentlicher Seite zur Verfügung gestellt, um die Selbständigkeit der Älteren so lange wie möglich zu erhalten. Die Finanzierung erfolgt überwiegend durch Steuern.

Landes-Pflegefonds als Konjunkturmotor

Ich fordere von der Bundesregierung ein Bekenntnis zur solidarischen Finanzierung der Langzeitpflege aus Steuermitteln. Dazu sollen vermögensbezogene Steuern für Reiche (mit jährlichen Einnahmen von bis zu sechs Milliarden Euro) herangezogen werden. Und es soll jeder einen Rechtsanspruch auf sämtliche professionelle Pflegedienstleistungen erhalten“, verlangt der AK-Präsident. Zudem müssen private Kostenbeteiligungen für mobile Dienste und Tageszentren abgeschafft werden. Um die Pflege durch Angehörige zu erleichtern, soll es künftig einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit bis zu einer Dauer von drei Monaten bereits ab der Pflegestufe 1 geben. Vom Land Oberösterreich fordert die Arbeiterkammer die Einführung eines Landes-Pflegefonds als Konjunkturmotor. Alleine für die Errichtung von zusätzlich 600 neuen Heimplätzen wäre ein Finanzvolumen von 66 Millionen Euro notwendig.

Foto: Shutterstock/Photographee.eu

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