AgeCare Herausgeberin Barbara Mucha zum Thema Pflege

Viel zu lange warnten Pflegedienste, Sozialorganisationen und Demographen vor Personal- und Ressourcenknappheit im Bereich der Altenpflege und -betreuung. Veröffentlichten bedrohliche Zahlen, die den Pflegenotstand mehr als deutlich machten und wandten sich öffentlichkeitswirksam an die Politik.

Doch auch harte Fakten feuerten die Debatte nur schleppend an: 260.000 Menschen mit Demenz werde es etwa bis zum Jahr 2030 in Österreich geben. Für die Langzeitpflege benötige man alleine bis zum Jahr 2030 rund 20.000, bis 2050 rund 60.000 Pflegestellen mehr als heute. Bis 2050 sei mit einem Anstieg der Pflegebedürftigen von derzeit 450.000 auf 750.000 Menschen zu rechnen. All das und noch viel mehr war zu hören und zu lesen. Es wurden einige Maßnahmenpakete geschnürt: Von populär bis populistisch, von ambitioniert bis wenig durchdacht.

Doch die zentrale Frage bleibt: Woher die Fachkräfte nehmen? Aus dem Hut zaubern kann sie niemand, zumal die Berufsgruppe noch immer nicht jenes Ansehen genießt, das sie angesichts der anstrengenden und belastenden Arbeit verdient. Nicht zuletzt deshalb und auch aufgrund struktureller Behinderungen hält sich die Zahl der Ausbildungswilligen in Grenzen. Von einer adäquaten Bezahlung darf weiterhin nur gträumt werden. Viele persönlich betroffene Familien wissen, dass ohne die unzähligen Pflegerinnen aus Osteuropa, die seit Jahren gewissenhaft ihre Arbeit – vor allem in der 24-Stunden-Betreuung – verrichten, gar nichts ginge. An dieser Stelle Hut ab vor diesen Menschen – vorwiegend Frauen – die unsere pflegebedürftigen Senioren im Schichtdienst betreuen und ihre eigenen Familien wochenlang nicht zu sehen bekommen.

Eine Freundin erzählte mir jüngst, dass die Pflegerin ihrer bettlägrigen Mutter, trotz Corona-Krise und abgelaufenem Turnus, zuverlässig ihre Aufgaben erfüllt und nicht heim nach Rumänien zu ihren Kindern gefahren ist. In schweren Zeiten zeigt sich, dass auch auf jene Pflegekräfte Verlass ist, denen im Vorjahr von der Regierung sprichwörtlich in den Hintern getreten wurde. Damals setzte man, trotz heftiger Kritik aus Brüssel, durch, die Familienbeihilfe für EU-Bürger, deren Kinder im Ausland leben, an die dortigen Lebenskosten anzupassen. Für die Betroffenen bedeutet das empfindliche Kürzungen. Für Österreich sind die Einsparungen marginal. Angesichts der Corona-Rettungspakete in Milliardenhöhe nicht einmal erwähnenswert. Aber so, und leider nicht anders, funktioniert Politik seit geraumer Zeit.

Wir alle sollten deshalb die herausforderenden Zeiten nutzen, um über unsere Verantwortung nachzudenken, liegt es doch an jedem Einzelnen, eine Verbesserung der Pflegesituation in Österreich herbeizuführen. Schluss mit dem Zurücklehnen und Abwarten, was die Politik für uns tun kann. Wir müssen selbst aktiv werden und Forderungen formulieren. Von der Regierung wurde im März ein 38 Milliarden Euro Corona-Hilfspaket geschnürt, wöchtlich kommen neue Millionenbeträge dazu. Summen werden quasi über Nacht flüssig gemacht, die für viele nicht vorstellbar sind. Verständlicherweise um die unverschuldet stillstehende Wirtschaft vor dem Exitus zu retten. Für die Kosten werden wir alle aufkommen müssen, ist seitens der Politik offen wie nie zu hören. Bleibt zu hoffen, dass die gewählten Volksvertreter sich – spät, aber doch – auch finanziell großzügig bei der Lösung des Pflegeproblems zeigen werden. Denn auch in diesem Bereich ist es letztlich unser aller Geld, das dafür eingesetzt wird, uns und unseren Liebsten zu einem sicheren und gut versorgtem Lebensabend zu verhelfen. 


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