Engagement von Politik gefordert

Zahlreiche ExpertInnen sind sich einig: Die Versorgung von Menschen mit Demenz wird eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft werden. Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, betont im Vorfeld des diesjährigen Weltalzheimertages, der am Samstag stattfindet: „Schon heute ist Demenz der Grund Nummer 1 für Pflegebedürftigkeit. Dieser Wandel vollzieht sich schnell, er vollzieht sich nachhaltig und er ist in unseren Senioren- und Pflegewohnhäusern bereits spürbar. Und klar ist auch: Demenzerkrankungen sind mit Sicherheit jene Erkrankungen, die Angehörige am stärksten belasten.“ 

Allein in Österreich wird die Zahl der demenziell erkrankten Menschen auf 130.000 geschätzt. Tendenz stark steigend. Aufgrund der älter werdenden Bevölkerung muss mit mehr als einer Verdoppelung der Erkrankten bis 2050 gerechnet werden. Und medizinische Hilfe ist nicht in Sicht. Schwertner: „Unser Urteil fällt hier leider nüchtern aus: Die Politik hält nicht Schritt mit der Realität der Betroffenen. 

Die gute Nachricht lautet: Die im Jahr 2015 von der Bundesregierung vorgestellte Demenzstrategie ‚Gut leben mit Demenz‘ war ein echter Fortschritt. Doch die schlechte Nachricht lautet: Um dieses Thema ist es mittlerweile zu ruhig geworden.“ Die Caritas fordert von der nächsten Bundesregierung daher, das Thema Demenz bei einem künftigen Masterplan Pflege nicht zu vergessen. Schwertner: „Die Bundesländer sollten etwa eigene Pläne für die Umsetzung vorlegen. Und der Bund muss Ressourcen bereitstellen, um qualifizierte Fachkräfte, Beratungs-, Unterstützungs- und Entlastungsdienste zu ermöglichen.“ Und auch bei einer dringend anstehenden Reform des Pflegegeldes müsse das Thema stärker und differenziert berücksichtigt werden. „Der pauschale Erschwerniszuschlag ist eine völlig ungeeignete Maßnahme, um den Bedarf und die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz abzubilden.“

Caritas verstärkt kostenlose Angebote für Betroffene und Angehörige in Wien und NÖ

Die Caritas der Erzdiözese Wien bietet seit 2003 psychosoziale Angehörigenberatung an. 537 Menschen haben das kostenlose Angebot im Vorjahr genutzt. Im „Café Zeitreise“ finden Betroffene und ihre Angehörigen Austausch und Unterstützung. 60 Freiwillige begleiten demenziell erkrankte Menschen als sogenannte Freizeitbuddys bei Ausflügen oder Museumsbesuchen. 2018 haben bei diesen Entlastungsangeboten insgesamt 110 Personen teilgenommen. Neben Entlastung ist auch Erfahrungsaustausch wichtig, das Gefühl nicht mit der Situation alleine zu sein. 

Dazu bietet die Caritas der Erzdiözese Wien Austauschgruppen an und ergänzt diese mit digitalen Angeboten, bei denen Angehörige unabhängig von Zeit und Ort miteinander in Dialog treten können, etwa die geschlossene Gruppe „Demenz Wien“ auf facebook. Und in Klosterneuburg ist die Caritas mit den Verantwortlichen der Politik dabei, eine demenzfreundliche Gemeinde als Pilotprojekt umzusetzen. 

Die Initiative zeigt, wie Vernetzung von ExpertInnen, Trägern, Angehörigen und der Zivilgesellschaft den Umgang mit Demenz in der Öffentlichkeit verändern kann. Schwertner: „Doch klar ist: Die Nachfrage nach solchen Angeboten wird weiter stark steigen. Hier wäre eine Politik wünschenswert, die den Einsatz Freiwilliger bewusst unterstützt.“ 

Beratungstag für Betroffene und ihre Angehörigen in Wien

Der Caritas Pflege Beratungstag, am 21. September 2019, im Wiener Museumsquartier richtet sich an alle Menschen, die aktuell mit Pflege oder Demenz konfrontiert sind. Der Beratungstag ist kostenfrei und bietet neben Vorträgen auch die Möglichkeit zur Einzelberatung.
Anmeldung und Informationen auf www.caritas-pflege.at oder unter 01/87812-229.

Die Beratungsangebote der Caritas sind spendenfinanziert. 

Foto: Shutterstock/Orawan Pattarawimonchai

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